Die „sichere“ Beziehung - Warum zu viel Vertrautheit ein Problem sein kann
- Freya Gosewisch
- 27. Aug. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Sept. 2024
Der Verhaltenspsychologe Norbert Bischof stellte die Theorie auf, dass zu viel Vertrautheit in einer Paarbeziehung, ein entscheidender Grund für viele Trennungen sei.
Da kommt natürlich erstmal der Gedanke auf, man brauche doch aber sehr viel Vertrautheit, damit man sich in einer Beziehung überhaupt wohl fühle. Das ist meiner Erfahrung nach die meist verbreitetste Meinung über dieses Thema.
Falsch ist diese Aussage natürlich nicht. Vertrautheit ist einer der Gründe, warum Menschen sich öffnen, fallen lassen und vertrauen können, was vielen Menschen das wichtige Sicherheitsgefühl in der Beziehung vermittelt.
Trotzdem beschreibt Bischof gerade dieses Sicherheitsgefühl als den kritischen Punkt.
Unauffällige Themen können sich auch in gesunden Beziehungen einschleichen und über die Zeit die Dynamik unvorteilhaft verändern

Der Experte unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Vertrautheit
Primär vertraut fühlen wir uns mit den Menschen, die uns extrem viel Sicherheit geben. Die Eltern, Großeltern und auch die Geschwister. Mit diesen Menschen haben wir die meiste Zeit der Kindheit und darüber hinaus verbracht, wir kennen sie am längsten, zeigen unsere authentischen Macken und die Wahrscheinlichkeit ist am geringsten, dass man sich trennt und den Kontakt verliert.
Bei allen höheren Säugetieren wird in dieser Konstellation das gleiche beobachtet. Die Jungtiere bekommen eine Überdrussreaktion, einen Drang nach Distanzierung, das Unsichere, das Neue, das Faszinierende, Spannendere zu erleben. Sie verlassen die Herde und beginnen ein fremdes Leben.
Dem liegt das biologisch begründbare Inzesttabu zugrunde. Besonders die sexuelle Ebene treibt Menschen an, das Neue gegen das Sichere einzutauschen.
Diese Theorie sei auf Menschen ähnlich übertragbar. Viele Jugendliche bekommen zum Beispiel irgendwann den Drang das sichere Zuhause zu verlassen und auch in der Datingwelt ist oft zu beobachten, dass neue, wechselnde Interaktionen einen besonderen Reiz ausmachen.
Wie hilft uns diese Information, wenn wir eine lange, glückliche Beziehung bevorzugen?
Obwohl ein gewisses Maß an Vertrautheit zu einer gesunden Beziehungsbasis beiträgt und diese viele Vorteile mit sich bringt, sollten wir uns trauen, etwas Eigenes in der Beziehung zu behalten.
Wir dürfen uns die Freiheiten geben, eigene Hobbys zu betreiben, eigenen Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen und auch mal mit den eigenen Freunden Pläne zu machen, ohne den Partner mit einzubeziehen.
Ein mir bekanntes Paar hat die gemeinsamen Regel, jeweils einen Urlaub im Jahr nur für sich oder mit Freunden zu planen, aber eben ohne den Beziehungspartner. Dieses Modell ist möglicherweise nichts für Jeden, aber hat sich für die Beiden bewährt.
Autonomie ist für viele „verschmolzene“ Beziehungen der Schlüssel für mehr Intimität, Selbstvertrauen, Leidenschaft und dadurch wiederum ein authentischerer Weg zu einer langen, sicheren Beziehung.
Werden Sie gemeinsam kreativ und finden Sie ihre Begeisterung für Dinge, die Sie ohne den Partner machen möchten. Es wird sich lohnen!